Peter Gabriel „and I‘ll scracth yours“
 
 
“Das Songschreiben hat mich zur Musik gebracht”, sagt Peter Gabriel. Und in diesem, auf den ersten Blick so simplen Satz, steht das gesamte Geheimnis eines der wichtigsten Künstler unserer Zeit. Am Ende und am Anfang steht immer der Song. So einfach kann man sich dem Oeuvre des Peter Gabriel nähern. Erst auf dem zweiten Blatt stehen die unglaublichen Raffinessen, die Experimentierfreudigkeiten, die Innovationen, mit denen er  seit den 70er Jahren immer wieder überrascht. Der Peter Gabriel der 2000er Jahre, so mag man sagen, vermarktet seine Songs so genial und auf so unterschiedliche Arten, dass es eine Gelddruckmaschine geworden zu sein scheint.
Dahinter aber, steckt in Wahrheit nichts als Freiheit.
Peter Gabriel sieht in seinen Songs so derartig viele Möglichkeiten, dass sie unerschöpflich zu sein scheinen. Der Engländer zieht die Songs aus, reduziert sie auf das nötigste und pumpt sie zur Not mit einem Symphonieorchester zu etwas Gewaltigem, Neuen auf. Das macht ihm niemand nach.
Die Idee hinter „Scratch my back  and I’ll scratch yours“ ist eine ähnlich. 2010 griff Peter Gabriel sich Songs anderer Künstler, die ihm besonders wertvoll erschienen.
Doch Peter Gabriel schwebte mehr als ein einfaches Album mit Coverversionen vor.
Er wollte einen  Song-Austausch. Der erste Akt bestand darin, aus dem Backkatalog einiger der großartigsten Songwriter der modernen Popära ein Dutzend Songs auszuwählen und diese von Grund auf neu zu gestalten. Sein Ziel: Eine Hommage an die Kunst des Songwritings, dem Kern der Sache. Im zweiten Akt sollte es dann darum gehen, von diesen Songwritern eine adäquate Antwort zu erhalten. Dafür sollten alle, deren Stücke er auf “Scratch My Back” interpretiert hatte, nun Versionen ihrer persönlichen Favoriten aus Peter Gabriels Songbook aufnehmen. So würde es zu einem Austausch kommen, einer kreativen Korrespondenz. Deshalb gab er diesem zweiaktigen Projekt den vielsagenden Titel “Scratch My Back And I’ll Scratch Yours.”
Rausgekommen ist eine erstaunliche Sammlung von Peter Gabriel Songs, die teils ganz nahe am Original und teilweise kaum erkennbar sind.
Man kann es mögen, wenn ein Lou Reed „Solsbury Hill“ bis zu Unkenntlichkeit verhackstückt und darüber nöhlt und man mag auch die dancelastige Version von David Byrne mögen, wie er sich immer noch erkennbar „I don’t remember“ vornimmt. Aber die wahren Schätze sind die, die dicht am Original bleiben. Regina Spektors „Blood of Eden“ oder „Don’t give up“ in der neuen Version von Feist und Timber Timbre. Herausragend sind sogar die Beiträge von Elbow, die sich den wohl großartigsten Song aus dem Great Peter Gabriel Songbook vorgeknöpft haben, nämlich „Mercy Street“ und Bon Iver mit „Come talkt to me.“
Der Song ist für den Frontmann Justin Vernon der wichtigste von allen. „Ich bin in keinster Weise ein religiöser Mensch, aber wenn es für mich eine Religion gäbe, dann wäre es dieses Stück. Es ist ein suchender Song, ein göttlicher Song. Ich sagte mir: ‘Ich möchte diesen Song singen. Ich möchte ihn neu beleben.’” Das ist ihm gelungen. Und dass man aber am Ende bei dieser Songsauwahl, die sich ausschließlich auf die Hits konzentriert, am Ende doch lieber zum Original greift, liegt vielleicht dann doch an einer Art kultischer Verehrung des großen Peter Gabriel. Denn eigentlich ist ein Song ein Song.
 
Als CD und als Download erhältlich
 
 
Peter Gabriel
Sonntag, 22. September 2013